Sie sind hier: Gymnastik / Selbstverteidigung / Günter Herrmann / 
28.3.2024 : 17:37

Günter Herrmann: Portrait und Philosophie

Aus Saarbrücker Zeitung vom 17.06.2009

Bis hierher und nicht weiter

Selbstbehauptungstrainer macht Kinder und Jugendliche stark gegen üble Anmache und Gewalt

Kleine, schwache Menschen fühlen sich oft unterlegen und hilflos, wenn sie angegriffen werden. Das muss nicht sein, sagt Günter Herrmann aus Neuweiler. In seiner Freizeit macht er junge Leute stark - mit einem speziellen Selbstbehauptungstraining.

Von SZ-Redakteurin Michèle Hartmann

Sulzbach. Es gibt Redensarten, die gehen mit purer Fassungslosigkeit einher. "Du Opfer" ist eine solche Redensart. Sie zeigt tiefste Verachtung für das menschliche Gegenüber. Seit geraumer Zeit grassiert das "Opfer" unter jungen Leuten, manche sind nicht älter als zehn Jahre. Und es grassiert die Gewalttätigkeit. Nicht unbedingt die Gewalt, die sich immer wieder in polizeilichen Akten niederschlägt und schwere Verletzungen nach sich zieht. Eher die Gewalt, die das tatsächliche Opfer mit blauen Flecken und Quetschungen zurücklässt. Und in unendlicher Furcht und Hilflosigkeit. Ein Leben mit Gänsehaut sozusagen. Schlagen, dem anderen gerade mal eine reinsemmeln, wenn er schräg guckt oder eine vermeintlich blöde Frisur trägt.

Günter Herrmann aus dem Sulzbacher Stadtteil Neuweiler kennt das alles. Der 42-Jährige ist Meister der asiatischen Kampf- und Heilkunst. Doctor of Philosophy in Martial Arts Science darf er sich zwar nicht hierzulande, wohl aber in den Vereinigten Staaten nennen. Weil er an einer Universität in Georgia studiert und dort seine Lehrbefähigung erlangt hat. Vier Jahre hat er für einen Sicherheitsdienst gearbeitet, Stars und Sternchen bei großen Veranstaltungen beschützt. Heute verdient er, der alleinerziehende Vater eines 13-jährigen Jungen, sein Geld vor allem mit der Heilkunst: Wirbelsäulenbegradigung und anderes mehr zählt zu seinen Fachgebieten. Nebenbei trainiert Günter Herrmann im vierten Jahr bei der DJK in Neuweiler junge Leute in Selbstverteidigung. Kin-Do Jitsu, "Weg zum Erfolg", nennt sich das.

Herrmann gibt außerhalb der DJK auch Kurse vor allem für Schüler in Sachen Selbstbehauptung. Damit sich Jungen und Mädchen nicht ausgeliefert fühlen gegen beinharte Anmache, gegen körperliche Gewalt. In dieser Mission hat er schon Hunderte von Jugendlichen an einem Saarlouiser Gymnasium und an der Erweiterten Realschule in Sulzbach unterrichtet. Demnächst ist er in einer Saarbrücker Gesamtschule tätig. Günter Herrmann ist ein sanftmütiger Mensch, alles andere als der Knochenbrecher, wie man ihn aus Kung-Fu-Filmen kennt. Ruhe, Gelassenheit, eine natürliche Autorität strahlt er aus. ,,Wer Walzer tanzen kann, der kann sich auch verteidigen", sagt er. Um in der Praxis vorzuführen, was er meint. Schläge ins Leere laufen lassen, durch elegante Bewegungen. Das ist das eine. Und von solchen Methoden gibt es viele. Dass er den jungen Leuten, die sich wirksam wehren wollen, keinerlei Aggressivität antrainiert, das ist das andere. "Schlag- und Tritttechniken nicht vor dem 14. Lebensjahr", sagt der Selbstbehauptungstrainer: "Kinder sind dazu psychisch nicht in der Lage." Wohl aber lehrt er sie, nicht nur auszuweichen, sondern auch die drohende Gewalt im Keim zu ersticken. Berührungsängste abbauen, das Selbstbewusstsein stärken, sich stark machen gegen Widersacher.

Günter Herrmann erklärt den jungen Leuten auch, was gewalttätiges Handelns nach sich ziehen kann: dass nämlich sie und nicht ihre Eltern für Gesundheitsschäden finanziell geradestehen müssen. Auch das ein ganz wichtiges Thema. Er redet mit ihnen über Mobbing, über den respektlosen Umgang mit anderen. Und er weckt den Helferinstinkt. Weil ein Mensch, der dazwischengeht, ein wahrer Held des Alltags ist. Der Selbstbehauptungstrainer zeigt den Kindern, wie sie richtig fallen, ohne sich wehzutun - auch auf hartem Asphalt. Schon das, sagt er, stärkt das Selbstvertrauen.

Er macht die Kinder stark gegen die Härten des Lebens. Auch die vermeintlich körperlich Schwachen, die oft Opfer brutaler Angriffe sind. ,,Die Schwächeren erkennen plötzlich, dass sie durch Ausweichtechniken gegen die Großen eine Chance haben", sagt der 42-Jährige und lächelt. Alles eine Frage der Kunst und des Könnens. Spezielle Übungen bringt er jungen Leuten bei, die sie zu Hause allein üben können - "einfache, aber wirksame methodische Übungen". Und dann hat er, wie er sagt, noch ein paar ganz spezielle psychologische Tricks auf Lager, die dazu geeignet sind, den Gegner zu bezwingen. Wie gesagt, ganz ohne Gewalt.